Oftmals sind die einfachsten Dinge die, die gerne in Vergessenheit geraten. Heute erklären wir Ihnen, welche Informationen die Verordnung zur Physiotherapie enthält und wie Sie zwischen den Zeilen lesen können. Wir werden Ihnen die Tipps und Tricks der Profis verraten, damit Sie Ärger, Zeit und – in einigen Fällen – auch Geld sparen können.
Warum die Verordnung?
Physiotherapie gehört in der Schweiz zu den von der Grundversicherung übernommenen Dienstleistungen. Aus diesem Grund gibt Ihnen Ihr Arzt eine sogenannte «Verordnung zur Physiotherapie» mit. Diese können Sie sich wie ein Kino- oder Konzertticket vorstellen. Die ärztliche Verordnung ist für Ihre Krankenkasse das Ticket für Ihre physiotherapeutische Behandlung. Einfach gesagt: Ohne Verordnung übernimmt Ihre Krankenkasse keine Physiotherapie-Kosten und Sie müssen diese Dienstleistung privat zahlen.
Wie sieht eine Verordnung aus?
Es gibt viele Verordnungsvorlagen, die Ihr Arzt verwenden kann. Die älteren Ärzte schreiben es sogar noch von Hand. Die am meisten verwendete Vorlage ist die vom Schweizer Physiotherapie Verband Physioswiss (die wir auch in diesem Beitrag verwenden). Es ist nicht wichtig, welche Vorlage gewählt wird, wichtig ist, dass alle Informationen zu Ihrer Person, der Diagnose und der Therapie vollständig ausgefüllt sind.
Was steht auf der Verordnung?
Was steht auf der Verordnung?
1 – Persönliche Angaben
Name, Nachname, Geburtstag, Adresse, Versicherung und Versicherungsnummer
2 – Physiotherapiepraxis
Hier kann Ihr Arzt die Physiotherapie-Praxis angeben, wo Sie behandelt werden können. Aufgepasst! Es ist eine Empfehlung vom Arzt. Sie dürfen aber, eine andere Praxis besuchen. Seien Sie offen mit Ihrem Arzt und äussern Sie Ihre Wünsche deutlich. Viele Ärzte lassen dieses Feld leer, damit der Patient frei wählen kann.
3 – Diagnose
Dieses Feld ist zwingend auszufüllen, denn ohne diese Angabe akzeptiert die Krankenkasse Ihre Verordnung nicht. Die Diagnose ist ausserdem sehr wichtig für den Physiotherapeuten und zeigt, warum Sie eine Behandlung brauchen.
Ärzte schreiben aber besonders gerne medizinische Abkürzungen und Begriffe, die auf den ersten Blick wie ein unverständlicher Code aussehen. Es gibt im Internet viele Wörterbücher, die Ihnen helfen, diesen «Geheimcode» zu entschlüsseln, z.B.:
www.medizinische-abkürzungen.de
www.med-serv.de
www.roche.de/lexikon
Die am meisten vorkommenden Abkürzungen sind:
- Z.n.: Zustand nach
- OP: chirurgischer Eingriff
- MRT (auch MRI): Magnet-Resonanz-Tomographie, auch Kernspin-Tomographie genannt. Dies ist eine diagnostische Technik zur Darstellung der nicht-knöchernen inneren Organe und Gewebe.
- Rx: Röntgen
- li.: links
- re.: rechts
- med.: medial, d.h. in der Mitte oder zur Körpermitte hin orientiert
- lat.: lateral, d.h. seitlich
- *itis: Die Endung -itis bezeichnet meist eine entzündliche Krankheit, z.B. Synovitis (Entzündung der Gelenkinnenhaut), Tendinitis (Sehnenentzündung), Arthritis (Gelenkentzündung), Bursitis (Schleimbeutelentzündung vor allem am Kniegelenk), Epicondylitis (Reizzustand der Sehnenansätze von Muskeln des Unterarms, auch bekannt als Tennis- und Golferellenbogen)
- *ose: Die Wortendung -ose bezeichnet meist eine nicht-entzündliche Erkrankung oder eine Zustandsveränderung, z.B. eine Degeneration wie Arthrose (Gelenkverschleiss) und Osteoporose (Alterserkrankung des Knochens)
- HWS: Halswirbelsäule, d.h. der zervikale Teil der Wirbelsäule. Er besteht aus 7 Wirbeln (C1 am obersten bis C7 am untersten). Mehr lesen
- BWS: Brustwirbelsäule, d.h. der Brustteil der Wirbelsäule. Er besteht aus 12 Wirbeln und kann mit den Abkürzungen Th1 (oberster Brustwirbel) bis Th12 (unterster Brustwirbel) angegeben werden. Th steht für Thorax, also Brustkorb. Mehr lesen
- LWS: Lendenwirbelsäule. Der lumbale Teil der Wirbelsäule, der aus 5 Wirbeln (L1, L2, L3, L4 und L5) besteht. Mehr lesen
- VKB (auch LCA und ACL): Vorderes Kreuzband
- OA: Osteoarthritis, auf Deutsch Arthrose, eine chronisch-degenerative Gelenkveränderung mit Knorpelabbau und Gelenkverschleiss, die mit Schmerzen und Funktionseinschränkungen einhergeht.
- HTO: Hohe Tibiale Osteotomie, d.h. ein chirurgischer Eingriff, um die Beinachse zu verändern und stark betroffene Kniegelenkbereiche zu entlasten.
- TP: Totalprothese, d.h. wenn nicht nur ein Teil sondern das ganze Knie durch künstliche Prothese ersetzt wird.
Unter dem Diagnose-Feld stehen i.d.R. 3 kleine Kästchen zur Verfügung. Für Sie als Patient sind vor allem die ersten 2 Optionen wichtig: Müssen Sie zur Physiotherapie, weil Sie einen Unfall hatten oder sind Ihre Symptome einem allgemeineren Krankheitszustand zurückzuführen?
Wenn Sie einen Unfall hatten, müssen Sie oder Ihr Arbeitgeber den Unfall bei der zuständigen Unfallversicherung melden und über einen entsprechenden Unfallschein inkl. Unfallnummer verfügen. Wenn Sie selbständigerwerbend oder nicht erwerbstätig sind – wie Kinder, Studenten, Hausfrauen, Rentner – müssen Sie sich im Rahmen der obligatorischen Krankenversicherung gegen Unfälle versichern. Auch in diesem Fall müssen Sie den Unfall Ihrer Krankenkasse melden, um eine Unfallnummer zu bekommen.
4 – Behandlungsdetails
Überprüfen Sie nun dieses Feld auf Ihrer Physiotherapie-Verordnung. Was hat Ihr Arzt geschrieben?
- Keine Angaben: wenn der Arzt nichts geschrieben hat, wird Ihre Physiotherapie-Behandlung sämtliche Techniken der traditionellen Physiotherapie beinhalten. Alle Techniken finden Sie hier.
- MTT: Das ist die Abkürzung für Medizinische Trainingstherapie, d.h. Sie haben Anspruch auf eine Trainingsbasierte Behandlung, meist zur Muskelaufbau und Bewegungskoordination. Der Physiotherapeut wird ein Trainingsprogramm für Sie erstellen und Sie werden an Kraft- bzw. Kardiogeräte üben. Diese Art der physiotherapeutischen Behandlung kann natürlich nur von Praxen angeboten werden, die über Trainingsgeräte verfügen. Mehr lesen
- Lymphdrainage: In diesem Fall wird sich der Physiotherapeut auf einen speziellen Aspekt der manuellen Physiotherapie konzentrieren. Die Lymphdrainage wird zur Entstauung bei Lymphödemen angewendet. Mehr lesen
- Heimübungen od. Heimprogramm: neben der Physiotherapie-Behandlung wird Ihr Physiotherapeut auch ein Programm mit Empfehlungen und Übungen für Zuhause erstellen.
5 – Weitere Behandlungsdetails
Hier kann Ihr Arzt angeben, wie viele Behandlungen Sie innerhalb von einer Behandlungsserie wahrnehmen müssen. Der Physiotherapie-Verband und die Krankenkassen haben Standardmodule entwickelt:
Die Behandlungsserien enthalten i.d.R. 9, 18, 27 oder 36 Behandlungen. Wenn keine Anzahl angegeben wurde, versteht man bei Physiotherapie 9 Behandlungen, bei MTT 36 Behandlungen. Eine Ausnahme besteht bei „Langzeitbehandlung“. Beim Ankreuzen dieses Kästchens hat der Patient Anspruch auf 36 Behandlungen innerhalb von 6 Monaten.
Aber aufgepasst! Die Angabe vom Arzt ist immer massgebend, d.h. Ihr Arzt kann Ihnen z.B. 7x MTT oder 4x Physiotherapie verschreiben.
In besonderen Fällen können Krankenkassen auch spezielle Vereinbarungen, sogenannte Kostengutsprachen, erteilen, die bei der Abrechnung massgebend sind.
Nach 36 Behandlungen erfordert Ihre Krankenkasse i.d.R. einen Arzt- oder Physiotherapiebericht, um Ihren Gesundheitszustand besser einschätzen zu können und – bei Bedarf – weitere Physiotherapie-Behandlungen zu genehmigen
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